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Back Again! Deep Purple (German language)

by Lothar Trampert for Gitarre und Bass, Germany

Bei den Klassikern des Hard Rock hat sich einiges getan: Schon nach dem eher zwiespältig beurteilten letztjährigen Album ‘The Battle Rages On’ zeigten sich Deep Purple auf ihrer anschließenden Deutschland-Tour, ganz entgegen manchen Erwartungen, als nach wie vor packender Live-Act. Kurze Zeit später verließ Gitarristen-Legende Ritchie Blackmore die Band, und die Zukunft sah weniger rosig aus…

Anfang Juni 1994: Deep Purple treten auf europäischen Bühnen den Beweis an, daß die Zeiten der Ungewißheit nun endgültig vorbei sein dürften. Und siehe da, an der Gitarre arbeitet ein alter Bekannter, den man vorher wohl kaum in diesem musikalischen Kontext vermutet hätte: Joe Satriani – ihn müssen wir an dieser Stelle sicherlich nicht mehr vorstellen. In diesem Zusammenhang aber vorab noch eine Information für alle ganz harten Fans von Deep Purple: Neben der Satriani-Story in G&B 11/93 wurden in den beim gleichen Verlag erscheinenden Zeitschriften Sticks (Ausgabe 12/93) und Keyboards (Ausgabe 1/94) zwei weitere Mitglieder der Band vorgestellt: Keyboarder John Lord und Schlagzeuger Ian Paice.
Da fehlt dann nur noch ein Musiker der Instrumental-Fraktion: Bassist Roger Glover (48) ist, wie anscheinend auch der Rest der Deep-Purple-Mitarbeiter, ein sympathischer, sehr freundlicher Mensch, der sich sogar um Kaffee und einen ruhigen Interview-Raum kümmert – im Backstage-Bereich der Dortmunder Westfalenhalle an diesem Tag keine einfache Aufgabe.

Problem & Lösung

G&B: Roger, eine Frage muß natürlich sofort gestellt werden: Deep Purple hat auf dieser Tour einen neuen Gitarristen dabei, Joe Satriani. Was für ein Gefühl entstand durch diese Veränderung des klassischen Line-ups der Band?

RG: Es ist ein Gefühl, das ich schon seit vielen Jahren nicht mehr hatte: Ich spiele wieder in einer Band! Ja, wir fühlen uns wieder wie eine Band. Vorher waren wir eine “Vier plus eins”-Formation, besser gesagt “vier gegen einen”… Da war schon immer eine gewisse Distanz zwischen Ritchie und dem Rest der Band, in jeder Hinsicht. Aber jetzt fühle ich mich wieder wie in den ganz frühen Tagen; das Band-Feeling ist wieder da, und ich genieße es einfach. Großartig! Es macht wieder Spaß zu spielen, es ist keine Politik mehr sondern eine wunderbare, positive Sache.
Und Joe ist ein außergewöhnlicher Mensch, sehr ruhig, jemand der Frieden in die Band gebracht hat.

G&B: Ihr steht also an einem neuen Anfang?

RG: (nickt) Klar!

G&B: Habt ihr viele Auditions veranstalten müssen, um einen neuen Gitarristen zu finden?

RG: Nur eine. Das kam so: Am Ende unserer letztjährigen Europa-Tour waren wir in einer sehr verzweifelten Situation; wir sollten noch in Japan spielen, aber Ritchie wollte das plötzlich nicht. Wir haben dann versucht mit ihm zu reden, ich rief ihn an und sagte: “Bitte – bitte spiele diese Gigs mit uns.” Er antwortete nur: “No!” Sonst nichts. Er ließ nicht mit sich reden…
Das war eine verzweifelte Situation, und wir hatten nur noch Horror vor dem was kommen sollte. Denn der japanische Tour-Veranstalter verklagte uns natürlich auf Einhaltung der Verträge; wir hätten dann wieder gegen Ritchie klagen müssen, und das wäre eine sehr schmutzige Angelegenheit vor Gericht geworden. Alle Streitereien, der ganze Haß und diese ekelhaften Dummheiten wären dann an die Öffentlichkeit gekommen. Wir wollten nicht, daß die Geschichte dieser Band so beendet wird – denn zu diesem Zeitpunkt waren wir sicher, daß alles aus sei.
Um schlimmeres zu verhindern mußten wir dann also einen Ersatzmann finden, vor allem aber jemanden, den auch der japanische Veranstalter akzeptieren würde, denn der trug das Risiko. Hätten wir also irgendeinen “Jumpin’ Jack Flash” als Gitarristen eingestellt, dann wäre vielleicht niemand mehr zu unseren Konzerten gekommen. Dieser Veranstalter nannte uns dann einige Namen, mit denen er leben könnte, und einer davon war eben Joe Satriani. Wir einigten uns also, fuhren nach Japan ohne genau zu wissen, was da überhaupt auf uns zu kam – und am Ende war das alles wie ein schöner Traum. Wir hatten drei Tage Zeit zu proben, und von Anfang an lief alles ganz fantastisch. Joe kannte alle Songs vor- und rückwärts, er ist einfach ein absolut professioneller Arbeiter. Er bekam zwei Wochen vor diesen Proben ein Tape von unserer Show, und es war richtig erfrischend, plötzlich mal wieder wirklich amtliche Gitarren-Parts in unseren Songs zu hören.
Ritchie hat das alles über die Jahre gelangweilt, und wenn er mal keine Lust hatte zu spielen, dann ließ er’s eben sein. Und jetzt haben wir wieder einen Gitarristen, der wirklich jeden Ton spielt, der zu den Songs gehört – und das auch noch sehr gut. Wir haben uns damals alle nur angesehen und gedacht, “Puh, da sind wir nochmal auf den Füßen gelandet”. Es war eine brillante Erfahrung, und daher sind wir jetzt auch noch einmal in Europa unterwegs.

G&B: Ich habe Ritchie Blackmore nie getroffen, daher ist das alles sehr schwer nachzuvollziehen. Der frühere Deep-Purple-Bassist Glenn Hughes hat in einem Interview mal die Gesichtsfarbe gewechselt, als der Name “Blackmore” fiel; er hat ihn als Tyrannen, als das Böse schlechthin beschrieben. Andererseits hat sich Blackmore in einem Interview mit dem “Metal Hammer” (Ausgabe 10/93) als Mr. Nice Guy präsentiert…

RG: (schüttelt den Kopf)